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Erfahrungsbericht: Summer School 2021, Teil 2

Wie Philipp Weber die Live Case Study @Summer School gewann

Im zweiten Teil seines Erfahrungsberichtes geht Philipp Weber auf die Live Case Study der Summer School 2021 ein. Die Live Case Study ist ein etabliertes Format im Rahmen der PhD School of Logistics und steht für den direkten Transfer der gelernten Theorien in die industrielle Praxis. In interdisziplinären Teams werden auf Basis einer konkreten Fragestellung eines Unternehmens Lösungskonzepte entwickelt. Der beste Vorschlag und damit das beste Team gewinnt.

An Tag drei startete die Live Case Study in Kooperation mit Lamb Weston, in der wir das zuvor Gelernte anwenden konnten. Lamb Weston ist ein US Amerikanischer Lebensmittelkonzern und einer der weltweit größten Produzenten von gefrorenen Kartoffelprodukten, wie zum Beispiel Pommes frites. In dem Live Case haben wir mit der niederländischen Niederlassung des Konzerns zusammengearbeitet. Nach der Einführung in den Live Case wurden uns diverse konzerninterne Unterlagen, wie z.B. der Sustainability Report, zur Verfügung gestellt.

Die Ausgangslage umfasste vier Produktionsstandorte von Lamb Weston in Europa. Diese beziehen ihre Kartoffeln regional von Kartoffelbauern, verarbeiten sie zu Tiefkühl-Kartoffelprodukten und transportieren sie zu ihren Kunden (hauptsächlich Restaurant-Ketten und Einzelhandel). Die zentrale Frage des Live Cases lautete „How can Blockchain technology provide insights to our actual Carbon Footprint (end-to-end) and demonstrate this towards our Sustainable Target Initiative of 25% CO2 reduction compared to 2020?”. Dazu sollte ein Teil der Supply Chain von Lamb Weston (das Sähen, Wässern, Düngen, Ernten, Transportieren sowie Lagern der Kartoffeln) betrachtet werden. Der Fokus lag also auf der Reduktion von CO2 Emissionen durch die Kartoffelbauern.

Für die Bearbeitung der Aufgabenstellung sind wir in Vierer-Gruppen aufgeteilt worden. Bei der Gruppeneinteilung wurde darauf geachtet, dass jede Gruppe möglichst divers ist in Bezug auf fachliche Backgrounds und Nationalitäten. So waren meine Gruppenmitglieder ein Brasilianischer Entrepreneur, der ein Blockchain Unternehmen aufbauen möchte, eine in Deutschland lebende Vietnamesische Masterstudentin, die in ihrem BWL-Studium einen Fokus auf Blockchain-Technologie gelegt hat und ein Deutscher Doktorand auf dem Gebiet Instandhaltung vom Lehrstuhl für Unternehmenslogistik der TU Dortmund.

Diese nicht alltägliche Konstellation verschiedenster Personen hat mir besonders gut gefallen. Das hat mich direkt an mein Auslandssemester in Malaysia erinnert – dort kamen die Studenten ebenfalls aus aller Herren Länder (Malaysia, Australien, Pakistan, Indien, Saudi-Arabien, Frankreich, Deutschland, Finnland etc.). Allerdings gab es bei dem Live Case noch die zusätzlichen Herausforderungen, dass wir ausschließlich digital miteinander kommunizieren konnten, nur eineinhalb Tage Zeit hatten für die Ideenfindung einer Lösung mitsamt der Vorbereitung einer Überzeugenden Präsentation und zusätzlich in unterschiedlichen Zeitzonen lebten.

 Aus Sicht unseres Brasilianischen Kollegen war es bei uns in Europa immer 5 Stunden später. Das hieß für ihn frühes Aufstehen und/oder für uns ungewohnt spätes arbeiten sowie eine klare Aufgabenverteilung, sodass wir auch unabhängig voneinander arbeiten konnten. Aber mit der richtigen Einstellung angepackt, schweißen genau solche Herausforderungen ein Team zusammen und spornen an. Die Chemie hat zwischen uns allen in der Gruppe gestimmt und wir konnten uns auf einen gemeinsamen Modus einigen, nicht zuletzt dank des Workshops von Marcus Holzheimer und weil wir bereits am ersten Abend die Gelegenheit hatten uns kennenzulernen.

Philipp präsentiert die Ergebnisse seines Teams.

Bei der Problemstellung der Case Study haben wir in unserer Gruppe festgestellt, dass eine der größten Herausforderungen von Lamb Weston ist, ein Anreizsystem zu schaffen, in dem die Landwirte bereitwillig Daten erheben und teilen. Genau dabei kann die Blockchain Abhilfe schaffen. In Kürze zusammengefasst, fußte unsere Lösung auf einem marktorientierten Anreizsystem, basierend auf sogenannten Carbon Credits. Wir haben uns ein dezentrales, nachhaltigkeitsorientiertes Payback-System für die gesamte Kartoffel-Supply-Chain vorgestellt. Mit dem Unterschied zu Payback, dass man die Punkte nicht abhängig von der Höhe des Warenkorbes beim Shoppen erhält, sondern für Emissions-Einsparungen.

Zunächst speichern die Landwirte nachhaltigkeitsrelevante Daten, wie z.B. Feuchtigkeitsdaten direkt vom Feld, in der Blockchain. Anhand dieser Daten kann dann für jeden Kartoffelbauern ein Nachhaltigkeits-Score ermittelt werden. Dieser lässt auch ein Benchmarking unter den Landwirten zu. Je besser der Score oder der Rang, desto mehr Carbon Credits erhält der Landwirt.

Diese Carbon Credits können im Digital Sustainability Ecosystem für Güter, Services oder andere Vorteile, z.B. Rabatte bei den Saat-Kartoffeln, verwendet werden. Die Carbon Credits werden per Smart Contract direkt als Token ausgezahlt. Teilnehmer dieses Systems sind unter anderem die Landwirte, Lamb Weston sowie Kunden von Lamb Weston. Vereinfacht gesagt sorgt die Blockchain in einem solchen marktorientierten Anreizsystem dafür, dass sich die verschiedenen Teilnehmer in Bezug auf Governance, Datensicherheit, Datenhoheit oder Datenmanipulation nicht vertrauen müssen, sondern sich auf die Nicht-Korrumpierbarkeit der Blockchain verlassen können. Mit dieser Idee konnten wir die Jury überzeugen und den ersten Platz belegen.

„Über den Sieg mit meinem Team in dem Live Case freue ich mich natürlich sehr. Am meisten hat mir aber gefallen, grundsätzlich einfach mal komplett out of the box mit Gleichgesinnten über ein reales Industrieproblem im Blockchain-Kontext nachzudenken.“

Philipp Weber

Aus meiner Sicht war die PhD School of Logistics auch dieses Jahr wieder ein voller Erfolg. Der Vorteil der örtlichen Ungebundenheit des digitalen Formats wurde vollumfänglich ausgenutzt: Hochkarätige Blockchain-Experten und Coaches aus ganz Deutschlands, Dänemark und Singapur, Teilnehmer/innen aus Deutschland, Italien und Brasilien sowie Niederländische Mitarbeiter/innen eines US-Amerikanischer Konzerns für den Live Case. Im Dortmunder Innovations-Ökosystem und an der Graduate School of Logistics sind Worte wie „International“ oder „Blockchain“ nicht einfach nur leere Buzzwords, sondern werden auf höchstem Niveau mit Leben gefüllt.

Du hast den ersten Teil des Erfahrungsberichtes verpasst? Kein Problem! Hier geht’s lang.

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