Wir sind Homo Sapiens, also weise Menschen. Es soll die Intelligenz sein, die uns von unseren Vorfahren und Tieren unterscheidet. Aber ist das wirklich so? Längst besiegen uns Rechenmaschinen bei komplexen Fragestellungen. Milliarden Finanzströme werden in Sekundenbruchteilen über den Globus geschoben, Bordcomputer steuern Autos, Flugzeuge oder Züge mitunter besser als der Mensch. Es ist nicht mehr das rationale Denken, unser höherer Intelligenzquotient, der uns einzigartig macht. Unsere Technologie hat uns selbst überholt. Was uns einzigartig macht, ist die Fähigkeit zu fühlen oder eben unsere komplexe Gefühlswelt.

Wir haben den Autos beigebracht autonom zu fahren und automatisch einzuparken, aber fühlen können unsere Autos nicht. Wir Menschen leben in komplexen Gesellschaften und verstehen Normen, Regeln, Ethik, Reaktionen oder unser Erleben, weil uns eine Vielfalt an Emotionen zur Verfügung steht. Letztendlich sind es unsere Gefühle, über die uns die Transformation der Welt um uns herum und unsere eigene Transformation gelingt.

Gefühle lenken unsere Aufmerksamkeit auf die wichtigen Aspekte und Prozesse und sind das Schmiermittel für unsere Gesellschaft – sei es im Beruf oder im Privaten. Sie sind die Basis für Beziehungen, Humor und Kreativität. Was wir fühlen, ist unsere Realität. Gefühle lügen nicht und wir können sie auch nicht täuschen. Unseren rationalen Verstand können wir täuschen, aber die Emotionen (auch das Baugefühl genannt) lassen sich nicht ändern.

Wir versuchen mit den smarten Maschinen und künstlichen Intelligenzen mitzuhalten. Um das zu schaffen, müssen wir uns anstrengen und „höher, schneller, weiter“ ist die Devise. Dabei übersehen wir die wichtigste Aufgabe der Menschen: Menschlichkeit.

Ohne Frage müssen wir Vernunft walten lassen und müssen auch weiterhin unseren Intellekt ausspielen, aber wir dürfen dabei nicht die komplexe Fähigkeit unserer Gefühlswelt vergessen. Die macht den entscheidenden Unterschied. Denn KI ist nur so klug, wie die Daten, auf die sie zugreifen kann, wie die Algorithmen, die wir programmiert haben. Eine KI wird aber nur schwerlich die komplexe soziale und individuelle Gefühlswelt eines Menschen verstehen oder adaptieren können. Genau diese Vielfalt an Emotionen ermöglicht uns aber Kreativität und Innovationskraft.  Es ist die Leidenschaft, die uns weitermachen lässt, wenn es eigentlich aussichtslos ist. Es sind Wut, Angst und Stolz, die uns über uns selbst hinauswachsen lassen.

Als vernunftbegabte Wesen, ist es unser Job Technologie nachhaltig zu gestalten, ethische Bedenken auszuräumen und soziale Verantwortung zu übernehmen. Unsere Anforderungen gestalten Technologie, aber die Möglichkeiten der Technologie verändern unsere Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft. In diesem interaktiven Wechselspiel braucht es einen neuen Blick auf die Rolle des Menschen im technologisierten Ökosystem. Wir sollten unsere Gefühle also zulassen, sie weisen uns den Weg in die Zukunft.   


Foto von Britta Scherer, Frau, blonde, lange Haare

Blog mit Britta

Britta Scherer ist die Koordinatorin der Graduate School of Logistics an der TU Dortmund. Sie gestaltet die Themen für Forschung und Entwicklung betreut die Promovierenden. Im GSofLog-Blog teilt sie ihre Sicht auf die neue Rolle des Menschen als vernunftbegabtes und emotionales Wesen.