Nicht ohne Grund forderte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek bereits im letzten Jahr, dass Wissenschaftler*innen die Kommunikation ihres Forschungsprojekts, ihrer Methoden und Ergebnisse von Anfang an mitdenken sollen. Dabei steht aber nicht nur die Kommunikation innerhalb der wissenschaftlichen Community im Vordergrund, sondern insbesondere auch die zielgruppenorientierte Kommunikation in Richtung Praxis und der allgemeinen Öffentlichkeit. Deshalb wurde die Wissenschaftskommunikation zum festen Bestandteil von Föderbekanntmachungen ihres Ministeriums.  Auch Dissertationen sind Forschungsprojekte und Unternehmen gehören schon längst zum Projektkonsortium, damit ein direkter Transfer der Ergebnisse in die Praxis stattfinden kann. Also sind wir alle davon betroffen. Die Frage ist nur, wie können wir die Forderung des Ministeriums umsetzen? Deshalb werfen wir im neuen Beitrag der redaktionellen Reihe DieZehn ein Augenmerk auf die Kommunikation und geben Tipps, wie sie erfolgreich funktionieren kann.

1. Perspektivenwechsel

Die Coronapandemie macht uns Logistiker, Informatiker, Maschinenbauer und Ökonomen zu Mitglieder der allgemeinen Öffentlichkeit. Bis vor kurzem hat wohl kaum einer verstanden was der „R-Wert“ ist oder hat das Wort „Aerosol“ in den Mund genommen. Corona betrifft uns alle und wir wollen gerne verstehen, worum es geht. Dabei wollen wir allerdings nicht binnen kurzer Zeit ein Studium der Virologie ablegen. Nun überlegen Sie einmal. Ihre Forschung betrifft auch viele Menschen und könnte einen enormen Mehrwert stiften. Deswegen wird Forschung betrieben, um Prozesse zu optimieren, Zeit zu sparen, Menschen zu helfen und  neue Erkenntnisse zu gewinnen. Wenn aber niemand versteht, was Sie tun, bleibt der Erfolg wohl aus.

2. Der Teaser machts

„Die Zahl der Infizierten steigt stark an.“ Machen wir uns nichts vor, in unserer News-App scrollen wir die Überschriften durch und dann sind wir upgedatet. Nur bei Zeit und Interesse klicken wir auf weitere Informationen. Sobald man mit der Welt da draußen kommuniziert, wird es erforderlich die Ergebnisse und Vorhaben auf den Punkt zu bringen. Hier hakt es bei vielen Wissenschaftlern. Denn ein bis drei Kernaussagen, stellen nicht die Komplexität der Forschung dar. Fachwörter und schwer greifbare Grafiken (vgl. R-Wert) kommen zum Einsatz. In der schnelllebigen Zeit von heute, hat aber kaum ein Bürger oder Unternehmer Zeit sich dutzende Seiten einer wissenschaftlichen Veröffentlichung durchzulesen. Vielmehr hat man eine Überschrift oder einen Tweet und die müssen Interesse wecken. Eine Zeile oder 280 Unicode-Zeichen abzüglich aller Hashtags und Verlinkungen. Ja, da geht etwas von der Komplexität verloren, dafür haben Sie aber viele Menschen erreicht und Verständnis geschaffen. Wenn Interesse geweckt wurde, wird auch die News gelesen und wer es noch genauer wissen will, schaut sich auch Ihr Paper an.

3. Welten, die aufeinander treffen

Wer erfolgreich kommunizieren will, wird in Kontakt kommen mit den Medien oder auch hausinternen Pressereferenten. Jetzt prallen Welten aufeinander. Die Wissenschaft sucht nach Ergebnissen und das ist ein iterativer Prozess, der aus Diskussionen besteht. Journalismus soll natürlich wahr berichten, muss aber aktuell sein. Es braucht Schlagzeilen für hohe Leserzahlen und Aufmerksamkeit. Die Welt da draußen will informiert werden. Wissenschaftler fühlen sich unter Druck gesetzt und die Medienvertreter ausgebremst. Ein gegenseitiges Verständnis und Kompromisse können helfen. Jeder sollte seine Erwartungen deutlich formulieren.

4. Kommunikation planen und Strategie entwickeln

Machen Sie sich bewusst wer Ihre Zielgruppen sind und wie, also über welche Kommunikationskanäle, Sie diese erreichen wollen. Forschungsprojekte beinhalten in der Regel einen Meilensteinplan. Mit ihm können Sie Kommunikationsanlässe schon frühzeitig festlegen und die Kommunikationsmaßnahmen planen. Corona machte ein abruptes Umdenken erforderlich und setzte den Fokus auf digitale/online Kommunikation. Wenn das Grundgerüst steht, ist ein Umstellen schnell vollzogen.

5. Kommunikationskanäle

Pressearbeit, Website, Social Media, Email-Newsletter, …Es gibt eine Vielzahl von Kanälen, die Sie ansprechen können, um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen. Wenn Sie sich dazu entscheiden, einen Kanal zu bedienen, machen Sie sich bewusst, welcher Aufwand dahinter steckt und welche Formate geeignet sind. Beispielsweise ein Post in den sozialen Medien ist ohne Bild oder Video unattraktiv und ein Link zu weiterführenden Informationen ist erforderlich. Hinter einem vermeintlich kurzen Tweet steckt also eine Menge Aufwand und dieser muss mehrfach in der Woche erbracht werden, damit Sie den Kanal gerecht bedienen und Ihre Follower halten.

6. Crossmedial

Um das Maximum aus Ihrer Kommunikation zu holen, sollten Sie Kommunikation crossmedial planen. Ein Inhalt sollte konform für jede relevante Zielgruppe und spezifisch für die jeweiligen Kommunikationskanäle aufbereitet werden und dann geht alles zeitgleich raus. So erhalten Sie die größte Aufmerksamkeit.

7. Die 7 W-Fragen und klassische Pressearbeit

Wer hat was, wann, wo, wie und warum getan? Und woher stammen die Informationen? Diese Antworten gehören in jeden professionellen Pressetext, am besten gleich zu Beginn. Von oben nach unten werden die Informationen nach ihrem Informationsgehalt sortiert. Dann braucht es einen Presseverteiler, ein geeignetes Pressefoto und die Medien werden informiert. Bei Bedarf erhalten Sie als Reaktion Anfragen für weiterführende Artikel, Interviews oder Statements. Zum Glück gibt es an jeder Forschungseinrichtung Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit, die dann auch mit dem Informationsdienst der Wissenschaft (IdW) verknüpft sind. Wichtig ist nur, dass Sie diese Verantwortlichen über Ihre Ergebnisse informieren. Interne Kommunikation ist notwendig, damit externe Kommunikation stattfinden kann.

8. Soziale Medien

#WirBleibenZuhause #Corona #Homeoffice – ging an Ihnen vorbei? Die Pandemie hat ganze Trends im sozialen Web ausgelöst. Von gemeinsamen digitalen Sport, über Einblicke in die Heimarbeit und Videokonferenzen, digitale Umfragen und der Erfolgsgeschichte des Online-Seminars – wer nicht in den sozialen Medien war, verschwand von der Bildfläche. Social Media spricht eine vollkommen andere Sprache als klassische Pressearbeit. Bei Twitter, Linked-In und Co. erhalten Sie direktes Feedback und eine Interaktion mit den Lesern wird erwartet. Schnell reagieren, antworten, liken, retweeten, denn Morgen folgt der nächste Post und dann ist es zu spät für Reaktionen. Inhalte müssen kompakt in wenigen Worten verfügbar sein und ein kontinuierliches Sichten der Trends ist erforderlich. Follower sind kritisch und wollen dauerhaft mit neuen und interessanten Informationen versorgt werden.

9. Events

Wissenschaftliche Konferenzen sind bekannt. Sie folgen festen Regeln und man kennt sich in der wissenschaftlichen Community. Das Ministerium schlägt nun aber Science Slams, offene Lesungen für Bürger oder Führungen vor. Sie alle kennen das Gefühl beim Lebensmitteleinkauf in Zeiten von Corona. Einkaufswagen ja oder nein? Muss ich den desinfizieren? Reicht ein Einkaufskorb? Muss ich vor dem Kästchen an der Kasse stehen oder im Kästchen? Warum trägt der neben mir keine Maske? Hat sich da wieder was an den Regeln geändert? Ähnlich geht es Bürgern, die vor einer Forschungseinrichtung stehen. Sie sind interessiert, fragen sich aber, wie und was sie nun genau tun müssen. Wo ist der Eingang? Muss ich mich anmelden? Darf ich Fotos machen? Eine einfache und klare Kommunikation hilft hier entscheidend weiter. Stellen Sie Wegweiser auf und begrüßen Sie die Teilnehmer. Noch dazu sollten die Inhalte natürlich zielgruppenkonform Vorbereitet werden. Es gilt also nicht den Vortrag von der letzten Konferenz zu wiederholen, sondern die wichtigsten Erkenntnisse anschaulich vorzustellen.   

10. Geschichten erzählen

Es hat einen Grund, warum die sogenannten Hidden-Champions seit einigen Jahre propagiert werden, warum im Rahmen der digitalen Transformation immer wieder Uber und Amazon genannt werden und jeder weiß, wie die Post-its erfunden wurden. Es ist die Geschichte, die es ausmacht. Sie fragen sich, wie Sie Ihre Ergebnisse anschaulich kommunizieren können und dabei langfristig im Kopf der Zuhörer bleiben? Erzählen Sie eine Geschichte. Das sogenannte Storytelling ist ein fester Begriff in der Kommunikation und ist eng verbunden mit der Wissenschaftskommunikation. Vor welchen Problemen standen Sie? Warum haben Sie das Forschungsprojekt aufgenommen? Wo wollen Sie hin und wem wollen Sie helfen? Beweggründe und persönliche Erfahrungen machen eine Geschichte erzählenswert und gute Geschichten werden gerne weitererzählt.

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Gar nicht so einfach. Hinter erfolgreicher Kommunikation steckt ganz schön viel Arbeit. Da nun aber Kommunikation fest verbunden ist mit jedem Forschungsvorhaben und auch einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg eines Forschungsantrages leistet, kommen Sie um das Thema nicht herum. Ihr Bildungsweg und Ihre Erfahrungen haben Sie zu einem Experten für Ihren Fachbereich gemacht. Genauso gibt es Fachexperten für Kommunikation. Unser Vorschlag: Schließen Sie sich zusammen, entwickeln Sie ein Verständnis für die Situation des jeweils anderen und planen Sie gemeinsam. Ganz nach dem Motto: Tu Gutes und sprich darüber.