Bei der Digitalisierung ist jede Abteilung und jeder Bereich im Unternehmen gefragt. Aktuell überlegen viele Unternehmen den Automatisierungsgrad des Einkaufs zu erhöhen. Prozesse sollen vollkommen autonom ablaufen. Dabei können die Blockchain-Technologie mit Smarten Verträgen oder aber künstliche Intelligenz helfen. In jedem Fall spielen Daten und ein sicherer Datenaustausch eine entscheidende Rolle. Unser Experte Tobias Rösner hat Ihnen die zehn wichtigsten Schritte hin zu einem Einkauf 4.0 einmal aufgelistet.

1) Entwicklung zum Einkauf 4.0

Es erfolgt ein Wandel zu einem Einkauf mit hohem Automatisierungsgrad. Prozesse werden über E-Procurment-Software abgebildet und die zunehmenden Datenmengen werden über moderne Analytic-Tools verwertet. Lieferanten werden Cloud-basiert in das Unternehmen integriert und Vertragsmodelle digital und zuverlässig (z.B. über Blockchain) gestaltet. Einkauf 4.0 ist die Abkehr von manuellen Tätigkeiten oder der vereinzelten Nutzung von Software im Alltag einer Einkaufsabteilung hin zu einem vollständig integrierten Ansatz in der digitalen Unternehmensstruktur.

2) Drei Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Einkauf 4.0

Es gibt drei Rahmenbedingungen für einen Einkauf 4.0. Echtzeit-Kommunikation – Große Datenmengen aus dem Unternehmensumfeld werden in kürzester Zeit erhoben und verarbeitet, Vernetzung – Maschinen, Produkte und Menschen sind zum Teil organisationsübergreifend miteinander verbunden und interagieren gemeinsam und die dritte Rahmenbedingung, Intelligente Systeme – Systeme lernen, indem sie Daten verarbeiten und steuern sich selbstständig.

3) Grundlegende Veränderung der Prozesse im Rahmen des Einkauf 4.0

Durch die digitale Vernetzung der Elemente innerhalb der Systemgrenzen eines Unternehmens und der Unternehmensumwelt verändern sich die Bedarfe des Einkaufs. Neue Produkte und Warengruppen werden hinzugekauft, die in die digitale Umwelt eingebettet werden müssen. Bestellvorgänge können automatisiert ausgelöst werden, sobald ein Bedarf für ein bestimmtes Material erkannt wird. Die Marktanalyse kann durch die Verarbeitung von großen Datenmengen optimiert werden, indem exaktere Prognosemethoden und (teil-)automatisierte Entscheidungsprozesse den Alltag revolutionieren. Lieferantenbewertungen und -entwicklungen können durch Big Data Analytics unterstützt und Entscheidungen diesbezüglich faktenbasierter getroffen werden. Auch ein Support bei der Entwicklung von Warengruppenstrategien oder der Verhandlungsführung ist denkbar.

4) Strategie des Einkauf 4.0

Der Einkauf braucht eine Strategie, die zur Digitalisierungsstrategie der Organisation passt. Die strategische Stoßrichtung des Einkaufs muss so ausgelegt sein, dass Digitalisierungsprojekte mit dem größten Stellhebel priorisiert bearbeitet werden. Zur Umsetzung ist eine Roadmap sinnvoll.

5) Organisationale Anpassung für den digitalen Wandel

Die Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Kompetenzen müssen für die Digitalisierungsaufgabe eindeutig definiert sein. Eine Matrixorganisation sorgt für die Sicherstellung von crossfunktionalen Abstimmungen mit den angrenzenden Schnittstellenbereichen, um diverse Digitalisierungsprojekte ganzheitlich auf die Organisationsziele auszurichten. Aber Innovation und Digitalisierung benötigen Freiheit. Deshalb ist die Ressourcenallokation so zu wählen, dass die Digitalisierung parallel zum operativen Tagesgeschäft mit der notwendigen Geschwindigkeit erfolgen kann.

6) Automatisierung von Einkaufsprozessen

Ziel der Digitalisierung ist es, sowohl operative als auch taktische und strategische Prozesse zu automatisieren. Bestellvorgänge können auf Basis von automatischen Bedarfsprognosen autonom ausgelöst werden. In der Lieferantenauswahl können Analysemethoden bei der zielgerichteten Bündelung und den Prognosen von Kosten oder Risiken eingesetzt werden.

7) Verknüpfung mit der internen und externen Umwelt

Um die operativen, taktischen und strategischen Prozesse zu digitalisieren, wird eine Verknüpfung zu Systemen der Unternehmensumwelt benötigt (z.B. Produktionsdaten, Lieferantendaten, Marktdaten).

Lieferanten müssen so in das Unternehmensnetzwerk integriert werden, dass die Daten erhoben werden können, die zur autonomen Prozesssteuerung benötigt werden.  Eine Kommunikation kann diesbezüglich über digitale Plattformen stattfinden. Hierzu müssen gemeinsame Standards zwischen dem datenverarbeitenden Unternehmen und der Lieferantenlandschaft definiert werden.

8) Führungs- und Steuerungsprinzipien im Einkauf 4.0

Datenschutz, Compliance und Nachhaltigkeit sind Kernaspekte mit denen sich der Einkauf 4.0 befassen muss. Die Digitalisierungsprojekte müssen mit dem Verhaltenskodex des Unternehmens sowie allgemein geltenden Richtlinien und Gesetzen in Einklang gebracht werden. Kennzahlen bezüglich der Einhaltung von Compliance-Vorschriften und Nachhaltigkeitszielen können über Big Data Analytics in Echtzeit ausgewertet werden.

9) Personalentwicklung für den digitalisierten Einkauf

Die Personalstruktur wandelt sich. Zunehmend werden neben den ursprünglichen Anforderungen an die fachliche Expertise auch datenanalytische Kenntnisse erwartet. Der Einkäufer benötigt ein geschultes Auge für die Zusammenhänge von Daten in einem zunehmend digitalisierten Unternehmenskontext. Rechtzeitige Schulungsmaßnahmen beziehungsweise die Rekrutierung von daten- und IT-affinem Personal werden notwendig sein.

10) Technologieanforderungen

Die Prozesslandkarte muss mitsamt der Aufgaben und Verantwortlichkeiten, sowie notwendiger Inputs und daraus resultierender Outputs definiert sein. Diese Prozesse müssen systemseitig ohne Medienbrüche abgebildet werden. Darüber hinaus müssen externe Datenquellen angebunden sein. Künstliche Intelligenz kann an diesem Punkt anknüpfen und einen Mehrwert in der Analyse und Entscheidungsfindung beisteuern.

Der Einkauf 4.0 oder auch der digitalisierte Einkauf erforderte eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Idealerweise binden Sie von Beginn an eine Schnittstelle zur Forschung in dem Bereich ein. Tobias Rösner ist Promotionsstipendiat in der Graduate School of Logistics und bringt seine wissenschaftlichen Erkenntnisse direkt ins Fördererunternehmen ein. So konnte ein agiles und interdisziplinäres Team wachsen.

Unser Experte:

Tobias Rösner

Stipendiat in der GSofLog in Kooperation mit thyssenkrupp

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