Gute Bedarfsprognosen sind die Basis für eine umfassende Supply Chain Planung und der daraus resultierenden Optimierung von Prozessen. Je genauer die Prognosen, desto geringer die Sicherheitsbestände, die Abschreibungen und das gebundene Kapital.

Mit Prognoseverfahren auf Basis von Maschinellem Lernen (ML) lernt ein künstliches System Muster in vorhandenen Unternehmensdaten zu erkennen, zukünftige Daten zu beurteilen, Entscheidungen zu treffen und vor Fehlern zu warnen. Aber worauf kommt es wirklich an und wie funktioniert ein Einstieg in ML-basierte Bedarfsplanung? Wir haben für Sie die zehn Dos zusammengefasst.

  1. Prüfen und optimieren Sie Ihre Datenlage!
    Damit ein Algorithmus aus Daten valide Erkenntnisse ziehen kann – also die Grundlage für Maschinelles Lernen gelegt ist, muss eine kritische Menge an Daten in der richtigen Qualität verfügbar sein. Lassen Sie eine Potenzialbewertung durchführen, um zu klären, wie gut Ihr Unternehmen diesbezüglich aufgestellt ist.
  2. Entwickeln Sie ein umfassendes Datenverständnis!
    Nur wer den Inhalt seiner Daten kennt und versteht, kann dem ML-Algorithmus sinnvolle und vollständige Datensätze bereitstellen – eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg von ML-basierten Verfahren. Ein Algorithmus kann nur so gut sein, wie die Datenbasis, aus der er lernt.
  3. Bauen Sie sich Ihre ML-Experten auf!
    Wie bei konventionellen statistischen Verfahren der Bedarfsplanung erfordert die Kalibrierung der ML-Verfahren methodisches Know-how und ist ein kontinuierlicher Optimierungsprozess. Sie sollten also entsprechende Experten in Ihrem Team aufbauen, die mit den Methoden vertraut sind und kontinuierlich die Stellschrauben anpassen können.
  4. Berücksichtigen Sie die individuellen Anforderungen!
    Es gibt keine Allzweck-Methode. Vielmehr muss ein ML-Algorithmus anhand des Anwendungsfalls sinnvoll ausgewählt werden. Zu berücksichtigende Rahmenbedingungen sind hier z.B. das Bedarfsmuster, der erforderliche Prognosehorizont, die verfügbare Datenbasis und der akzeptierte Berechnungsaufwand.
  5. Berücksichtigen Sie den Aufwand der Datenaufbereitung!
    Um ML-Ansätze trainieren zu können, müssen die Daten in Bezug auf den Anwendungsfall mit hohem Zeitaufwand aufbereitet werden. Die Erfahrung zeigt, dass deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtaufwands in die Datensammlung, Datenbereinigung und -strukturierung, die Bildung von Trainingsdatensets usw. fließt. Unterschätzen Sie deshalb nicht, den zeitlichen und personellen Aufwand für die Schaffung einer guten Datenbasis.
  6. Bringen Sie Domänenwissen mit ein!
    Um eine ML-basierte Prognose erfolgreich in die Anwendung zu bringen, müssen Fach- und Methodenspezialisten in einem engen Austausch stehen. Bilden Sie ein Prognose-Team, um das Wissen Ihrer Vertriebs- und ML-Experten zusammenzuführen. Nur so schaffen Sie auch ausreichend Akzeptanz unter den Mitarbeitern und können dem Algorithmus sinnvolle Entscheidungen beibringen.
  7. Halten Sie Ihr ML-Team auf dem Laufenden!
    Um die Leistung der ML-Algorithmen zu verbessern, ist ein intensives Feature Engineering erforderlich. Hierbei werden die Daten so aufbereitet, dass der Algorithmus mögliche Korrelationen zwischen einer Einflussgröße (bspw. Marketingaktion) und der Ergebnisgröße (bspw. Absatzmenge) überhaupt erst erkennen kann. Sorgen Sie daher dafür, dass neue Entwicklungen aus dem Tagesgeschäft in Ihrem ML-Team ankommen!
  8. Trainieren Sie!
    Je länger ein Modell trainiert wird, desto genauer kann es die Charakteristika des Datensatzes berücksichtigen und umso genauer wird Ihre Prognose.
  9. Nutzen Sie die neuen Möglichkeiten!
    Insbesondere für die Bedarfsprognose existieren inzwischen vielfältige ML-basierte Verfahren und Erfahrungswerte. Tauschen Sie sich mit anderen Unternehmen über ihre Erfahrungen in diesem Bereich aus und binden Sie externe Experten mit ein.
  10. ML ist kein Selbstzweck: Nutzen Sie das beste Verfahren!
    Unternehmen, Kunden und Produkte sind verschieden. Daher ist immer zu analysieren, mit welchen Verfahren sich die besten Prognosegüten erzielen lassen. Manchmal liefern konventionelle statistische Verfahren bessere Ergebnisse als neueste ML-Algorithmen! Setzen Sie also nur eine ML-basierte Bedarfsprognose ein, wenn Sie einen klaren Mehrwert im Einsatz dieser Verfahren sehen.

Heute wissen, welcher Bedarf morgen, in einem Monat oder in einem Jahr realistisch ist? Welches Unternehmen möchte das nicht? Vergessen Sie aber nicht, bei Prognosemodellen handelt es sich lediglich um mögliche Szenarien, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreffen – basieren diese jedoch auf aussagekräftigen Daten, so können Sie auf eine hohe Entscheidungsqualität setzen. Vielleicht können Sie zukünftig sogar die Wahrscheinlichkeiten aufkommender Pandemien einkalkulieren. So wären Sie im Notfall bei Ihrer Bedarfsplanung für Corona 2.0 gewappnet.

Unsere Experten

Marco Motta
Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML
und seine Kollegen Saskia Wagner Sardesai, Josef Kamphues, Philipp Klink, Nikolas Moroff