Unsere Arbeitswelt ist schnelllebig und unterliegt einem disruptiven Wandel. Insbesondere Agilität ist gefordert – von Arbeitgebern, Führungskräften und von Mitarbeitenden. New Work Konzepte mit ortsflexiblen Arbeiten, agilen Arbeitsformen und flexiblen Arbeitszeitmodellen stellen gänzlich neue Anforderungen. Ein Lösungsansatz für die Zeit des Wandels und die neuen Anforderungen ist die Selbstführung. Die eigene persönliche und berufliche Entwicklung wird also weitestgehend individuell gestaltet.
Eine Führungskraft verfügt im besten Fall über Führungskompetenz. Sie lebt jeden Tag ein vorbildliches Arbeitsleben, gibt ihrem Team Sicherheit, Richtung und klare Ziele, hat jederzeit ein offenes Ohr, zeigt Initiative und löst Probleme, erkennt Potenziale und fördert Mitarbeitende, ist organisiert und anpassungsfähig. In der Realität liegt es auf der Hand, dass die wenigsten Personen all diese Eigenschaften vereinen können. In manchen Bereichen ist der hohe Anspruch an Führungskräfte aber vielleicht auch gar nicht notwendig. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wer führt Führungskräfte?
Selbstführung heißt, dass Mitarbeitende und Führungskräfte im Arbeitsalltag selbstständig Prioritäten setzen, Verantwortung tragen und sich selbstständig Ziele und Fristen setzen. Die sogenannte Self-Leadership ermöglicht es, die berufliche und persönliche Entwicklung proaktiv zu gestalten, Ziele präzise zu definieren und die intrinsische Motivation zu steigern, sodass es leichter fällt, die gesetzten Ziele zu erreichen. Self Leader können auf ihre eigenen Bedürfnisse und die eigene Gesundheit achtet und sich selbst Ziele in einem realistischen Zeitrahmen setzen. Im Ergebnis, so zeigen Studien, steigt die Mitarbeitendenzufriedenheit, die Arbeitsqualität, die Arbeitsleistung und das Stresslevel sowie die Anzahl der Fehltage sinken.
Bei der Umsetzung von Selbstführung können unterschiedliche Methoden helfen. Bei klaren Zielsetzungen helfen SMART-Ziele (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert) oder eine Visualisierung. Beim Zeitmanagement und der Priorisierung können die Eisenhower-Matrix oder die 2-Minuten Regel helfen und um die richtige Arbeitsweise zu finden, könnte die Promodoro-Technik zum Einsatz kommen. Naturtalenten reicht auch eine einfache To-Do-Liste.
In Wissenschaft und Forschung, in Technologie- und Software-Unternehmen, in innovationsgetriebenen Branchen und jungen Unternehmen haben flache Hierarchien schon lange Einzug erhalten. Sie können ohne Selbstführung und Selbstorganisation nicht erfolgreich praktiziert werden. Hierarchien und Führung werden allerdings nicht wegbrechen, sie werden nur anders ausgelegt. Im Sinne von klaren Handlungsrichtlinien und einer gewissen Grundordnung sind sie nach wie vor wichtig und zentraler Baustein des Erfolgs. Die Aufgaben von Führungskräften fokussieren sich auf die Befähigung von Mitarbeitenden und den Wissenstransfer zu gemeinsamen Strategien und Leitlinien.
Selbstführung ist kein Lösungskonzept für alle, aber eine zentrale Notwendigkeit im Sinne der digitalen Transformation. So wie eine Führungskraft fähig sein muss, Verantwortung abzugeben, müssen Mitarbeitende auch gewählt sein, Verantwortung zu übernehmen. Selbstführung ist also eine Möglichkeit, aber sollte niemals eine Pflicht sein. Als Bestandteil der individuellen Führung müssen Führungskräfte abwägen, welche Mitarbeitenden durch Selbstführung animiert werden, und welche überfordert wären. Die Führungskräfte hingegen kommen an einer Selbstführung nicht vorbei.
Selbstführung erfordert eine gewisse Selbsterkenntnis, Selbstreflektion und Selbststeuerung. Jede*r sollte für sich das WARUM erkennen und sich selbst analysieren. Häufig unterschätzen oder überschätzen wir zeitlichen Aufwand oder die Anzahl an Prozessschritten. Darüber hinaus sind uns die motivierenden Aspekte unserer Arbeit oder die richtige individuelle Arbeitsweise auch nicht bewusst. Dieses Wissen über uns selbst ist Grundvoraussetzung für eine gesunde und erfolgreiche Selbstführung.
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